Freitag, 8. März 2013

Auch ich schließe mich an: Familie 2.0 - Wir machen mobil! Eltern bewegen Familienpolitik!



Vor ein paar Tagen trat das Team von Familie 2.0 an mich heran, mit der Bitte diesen offenen Brief zum Thema Familienpolitik am heutigen Frauentag (und gleichzeitig meinem Geburtstag!! :)) zu veröffentlichen. Mit dieser deutschlandweiten Online-Aktion soll im folgenden offenen Brief auf die Missstände in der deutschen Familien- und Bildungspolitik aufmerksam gemacht werden. Als arbeitende Mama in Teilzeit kann ich im Moment insbesondere Punkt 3 und 5 zustimmen. Die Pädagogen in unserer Krippe machen eine hervorragende Arbeit, kümmern sich den ganzen Tag um meinen lieben Knirps, füttern ihn, bringen ihm neue Dinge bei und werden dabei wirklich schlecht bezahlt! Die 40 Stunden Anwesenheit im Büro, ohne Rücksicht auf die wirklich erbrachte Leistung sind wirklich sinnlos. Ich merke als 30 Stunden Mama schon manchmal unterschwellig im Büro, dass ich ja nicht "vollwertig" da bin. Hallo!? Was ist mit meiner erbrachten Leistung? Ich möge fast behaupten, man schafft in 30 Stunden (fast) genauso viel, wie jemand mit 40 Stunden, da man nicht so viel Zeit hat und effektiver arbeitet. Hier ist aber auch besonders ein Umdenken beim Arbeitgeber erforderlich, bei dem die Politik die Weichen stellen kann.

TROTZ alledem MUSS ich hier nochmal sagen, dass ich den direkten Vergleich zu einem anderen Land (den USA) in der Famile habe und mit Nachdruck sagen muss, dass es uns in Deutschland sehr sehr gut geht! Margareteaudrey brachte in ihrem Blog vor Kurzem einen ähnlichen Vergleich. In den USA gibt es bis zur Preschool, die etwa beginnt, wenn die Kinder vier Jahre sind, kein vergleichbares Betreuungssystem wie hier in Deutschland und wenn, dann ist es so teuer, das sich das Arbeiten kaum lohnt. Kindkranktage, wie von deutschen gesetzlichen Krankenkassen 10 im Jahr bezahlt werden, gibt es dort nicht. Dort kann man froh sein, wenn man nicht gefeuert wird, wenn das Kind länger krank ist und man unbezahlt zu Hause bleiben darf. Will damit nicht sagen, dass dewegen in Deutschland alles gut ist, nur das manchmal ein Blick aus anderer Perspektive alles in anderem (und nicht so schlechtem Licht) erscheinen lässt. Meine Familie in den USA jedenfalls ist sehr neidisch auf das, was wir hier in Deutschland haben. So! Hier der offene und wunderbare Brief:



Liebe Frau Merkel, liebe Frau von der Leyen, liebe Frau Schröder,

Sie bekleiden drei der einflussreichsten Ämter in diesem Land. Die Gleichstellung der Frau, für die
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unerlässlich ist, rückt damit für uns alle in greifbare Nähe.
Aber leider nur fast.

Denn viele der Aktionen, die uns - Mütter, Väter und Kinder – angeblich unterstützen sollen,
stellen uns vor die Frage, ob unser Bedarf und die Situation, in der wir uns befinden, überhaupt verstanden wird?


Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, unsere Vorstellungen darüber, was wir wirklich
benötigen, heute am Weltfrauentag zu veröffentlichen, um uns Gehör zu verschaffen und aktiv in
den politischen Prozess von Familien- und Bildungspolitik einzusteigen. Wir zählen auf Ihre
Unterstützung!

Deutschland benötigt in den kommenden Jahren dringend eine Familien- und Bildungspolitik, die
wirklich einen Unterschied für uns arbeitende Familien macht und nicht zuletzt kurz-, mittel- und
langfristig dem Fachkräftemangel vorbeugt und Deutschland als Wirtschaftsstandort stärkt! Wir sind
die Arbeitnehmer und Steuerzahler von heute. In unseren Kinderwagen liegen die Arbeitnehmer und
Steuerzahler von Morgen! Jetzt machen wir in Sachen Familienpolitik mobil!

Denn nicht nur bei Punkten wie der Kürzung des Elterngeldes und der Einführung des
Betreuungsgeldes können wir nur mit dem Kopf schütteln. Es geht um viel mehr.


Wir brauchen:

1. Ein einheitliches Bildungssystem in allen Bundesländern
2. Qualitativ hochwertigere Betreuungsangebote für unsere Schulkinder innerhalb unserer
Arbeitszeiten
3. besser bezahlte Erzieher/ Pädagogen
4. eine bessere Einbindung der Generation 60+
5. flexible Arbeitszeitlösungen für Mütter und Väter
6. kein Ehegattensplitting, sondern eine steuerliche Entlastung der Familien mit Kindern

Dies bedeutet im Detail:

1. Schule muss endlich Bundessache werden:

Bildung ist der Schlüssel zu sozialer Gerechtigkeit und Gleichstellung in unserer Gesellschaft.
Genau aus diesem Grund darf Schule auch nicht länger Sache der Länder sein, in der jedes
sein ganz eigenes Süppchen kocht! Lehrpläne, Bildungskonzepte und Schulformen müssen
vereinheitlicht werden. Viele Familien müssen allein schon aus beruflichen Gründen heute
mobil sein und auch mit Kindern während der schulischen Ausbildung problemlos in ein
anders Bundesland umziehen können!
Zudem fordern wir einheitliche Ganztagsschulen ab der 1. Klasse, und zwar bundesweit.
Diese umfasst Hausaufgabenbetreuung und qualifizierten Förderunterricht für die Kinder, die
in manchen Fachbereichen eine weitergehende Unterstützung benötigen.
Für die meisten Eltern beginnt das heutige Betreuungsproblem erst richtig mit dem Eintritt
der Kinder in die Schule!
Wir fordern eine für die Eltern optional wählbare, qualifizierte Betreuung von Schulkindern
auch vor dem Unterricht (weil manche Eltern ab 8:00 Uhr arbeiten müssen, die Schule aber
erst Punkt 8:00 öffnet!). Die in vielen Orten bereits vorhandene Nachmittagsbetreuung für
Schulkinder "bewahrt" die Kinder lediglich auf, bis die Eltern ihren Nachwuchs abholen. Dies
ist nicht die Vorstellung von Nachmittagsbetreuung, die wir haben.

2. Bundesweite, offene und qualitativ hochwertige Angebote in der Ferienzeit für unsere
Kinder!

Die Betreuung der Schulkinder in der Ferienzeit ist aktuell ohne den Einsatz von Geld und
Großeltern nicht möglich. Ist beides nur begrenzt vorhanden, stehen viele Familien und
besonders Alleinerziehende vor einem großen Problem. Eine qualifizierte, kontinuierliche
Betreuung der Kinder muss auch in der Ferienzeit gewährleistet sein, damit Eltern beruhigt
und sicher arbeiten gehen können.

3. Bessere Bezahlung von Erziehern und Pädagogen:
Aktuell dauert die Ausbildung zur Erzieherin/ zum Erzieher je nach Bundesland 4-5 Jahre. Die
Verdienstmöglichkeiten in diesem Bereich stehen in keinem Verhältnis zum Anspruch der
Ausbildung und der anschließenden Verantwortung, die diese Tätigkeit mit sich bringt. Wir
fordern daher, statt Eltern Betreuungsgeld zu zahlen, Gelder für Betreuung in die
Kindertagesstätten fließen zu lassen und damit auch Anerkennung für Erzieher und
Pädagogen – denn sie bilden die Zukunft dieses Landes aus!

4. Bessere Einbindung der Generation 60+.
Viele Menschen gehen heute in den Vorruhestand, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung
ständig an. Viele Großeltern wohnen heutzutage aber gar nicht mehr in der Nähe ihrer Enkel.
Daher soll das „Anstellen“ von Ersatzgroßeltern vom Staat unterstützt und gefördert werden.
So haben Eltern auch mit ihrer Berufstätigkeit und ohne Großeltern Unterstützung, und
Rentner eine Möglichkeit nach der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit noch etwas
dazuzuverdienen (siehe auch Armut von Rentnern).
Die Vermittlung solcher Ersatzgroßeltern könnte von den Arbeitsämtern übernommen
werden.

5. 40 Stunden Wochen im Büro waren gestern! Wir fordern klare Zielvereinbarungen und
flexible Arbeitslösungen für Mütter UND Väter!

Arbeit sollte an Zielvereinbarungen gemessen werden - wie das heute auch in vielen
"Corporate" Unternehmen schon der Fall ist. Nicht Anwesenheit oder Air Time sind relevant,
sondern das Ergebnis. Der Arbeitgeber sollte mit seinem Arbeitnehmer eine klare
Ergebnisdefinition vereinbaren. Die kann an einer entsprechenden Matrix gemessen werden.
Wie der Arbeitnehmer dieses Ergebnis im vorgegebenen Zeitrahmen erreicht (solange seine
Ziele, inkl. Teamarbeit und Verfügbarkeit erreicht sind) sollte ihm überlassen bleiben.
So lösen wir in deutschen Köpfen das verkrustete Vollzeit-Teilzeit-Denken und die damit
oftmals schon einhergehende Vorabwertung von arbeitenden Müttern.
Zudem ermöglicht dies Vätern und Müttern einen flexibleren Umgang in der Vereinbarkeit
von Familie und Beruf.

6. Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer steuerlichen Familienförderung,
welche allen Familien mit Kindern gleichermaßen zugute kommt – unabhängig vom
Familienstand.

Einst gedacht zur Förderung der Ehe und Familie, ist das Prinzip des Ehegattensplittings
veraltet. Ehe und Familie bilden längst nicht mehr eine Einheit. Von der Zielsetzung der
Familienförderung ausgehend ist es daher unverständlich, warum auch kinderlose Ehen von
dem Splittingverfahren profitieren, bzw. warum nicht verheiratete Familien keine
entsprechende Förderung erfahren. Desweiteren profitieren durch das Ehegattensplitting
hauptsächlich Ehepaare mit besonders hohem Einkommen, wenn dies zudem möglichst
ungleich verteilt ist, d.h. wenn das Einkommen hauptsächlich oder vollständig von nur einem
Ehegatten erbracht wird. Für die meisten Frauen gestaltet sich ein beruflicher Wiedereinstieg
nach der Baby- bzw. Kinderpause ohnehin schwierig, durch die vergleichbar hohe
Steuerbelastung des Zweiteinkommens schränken viele Frauen ihr Erwerbseinkommen stark
ein (Mini-Job) bzw. geben ihre Berufstätigkeit vollständig auf.
Statt eines Ehegattensplittings könnten die Einzahlungen von Eltern in die Rentenkassen
reduziert werden oder Rentenansprüche von Eltern, die wegen der Kinder beruflich
zurückstecken mussten, erhöht werden. (Damit entfiele auch das Paradox eines
bezuschussten Betreuungsgeldes, sofern es in die Altersvorsorge investiert wird.) Wir Frauen wünschen uns von Ihnen Solidarität und Einsatz, damit Familie und Beruf auch
tatsächlich vereinbar sind. Der tägliche Spagat, das Suchen und Betteln um Betreuungsplätze
und die Benachteiligung in der Berufswelt für arbeitende Mütter müssen endlich ein Ende
haben. Dies erwarten und wünschen wir uns, und nicht nur heute, am Weltfrauentag,
sondern auch für die kommenden Jahre.

Aus den zahlreichen Ergebnissen der verschiedensten Elternaktivitäten aus der Vergangenheit haben
wir die leidvolle Erfahrung gemacht, dass die meisten unserer Petitionen, meist mit Hinweis auf die
finanzielle Situation, ohne nachhaltige Ergebnisse verklingen. Es ist uns leider nicht möglich, politisch tätig zu werden, um dem Gegenbeweis Gehör zu verschaffen, da nicht nur die Arbeit in der Wirtschaft, sondern auch Politik in Teilzeit nach wie vor für 99% von uns lediglich eine Wunschvorstellung ist.

Wir haben stattdessen die Initiative Familie 2.0 ins Leben gerufen. Im ersten Schritt verbinden wir
Eltern uns untereinander und vernetzen unsere Erfahrungen zu moderner Familien- und
Bildungspolitik über Blogs und Social Media. Wir suchen Ansprechpartner auf Bundes- und auf
Landesebene, um diese kontinuierlich und nachhaltig in den politischen Prozess einzubringen.

Wir sind überzeugt, dass gerade Sie das Aktivwerden von Eltern unterstützen und versprechen uns von Ihnen Ihr persönliches Feedback und Ihre Unterstützung für unser Anliegen in Form eines
Termins, bei dem wir die Details unserer Initiative besprechen können.


Sie erreichen die zuständigen Ansprechpartner von Familie 2.0 unter info@familie-zwei-punkt-null.de.

Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Katrin

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